Menschen sind lernfähig, aber unbelehrbar

Menschen sind lernfähig, aber unbelehrbar

Wie liest sich das?

Der bekannte Erziehungswissenschaftler Rolf Arnold, geb. 1952, hat diesen Satz geprägt.

Ich beziehe seine Aussage einmal mutig auf mich selber und lese dann, dass ich lernfähig, aber unbelehrbar bin. Stimmt das? Also ehrlich gesagt, da ist etwas dran. Ich lasse verschiedene Situationen der „Belehrung" aus Kindheit und Erwachsenenzeit, seien sie aus dem Konfirmandenunterricht, der Schule, dem Studium und der Gemeinde wieder lebendig werden. Da mischen sich Bilder von erhobenen Zeigefingern, ernsten bis drohenden Mienen, der Klang leicht geschärften Tonfalls mit Eindrücken von unangenehm bis gezwungenermaßen und ein leichtes unterschwelliges Gefühl von Angst mit einer von mir kühl distanziert hinzugefügten Erklärung, dass Belehrung eben sein musste, warum auch immer und auch wenn sie zu nichts geführt hat.

Mit den Erinnerungen an eigene Lernerfahrungen verhält es sich interessanterweise anders. Sie fühlen sich nicht so einengend an. Sie gehen einher mit Stärkung, wachsender Mündigkeit und Freude, selbst wenn sie aus Leid entsprungen sind, Anforderungen, hier und da sogar einer Strafe, aber allermeist daraus, dass jemand, der es gut mit mir gemeint hat, es irgendwie geschafft hat, mir eine Lernerfahrung zu ermöglichen.

Lehren und Lernen waren am Anfang, lange bevor sie in getrennte Welten zerlegt wurden, nur zwei Seiten derselben Medaille.

Schon in den Psalmen (z.B. in Ps 25; 27; 32; 94 und 119) erbitten Menschen von Gott Erkenntnis, Einsicht, Leitung und Lehre, die, alle zusammen wirksam, ihn auf den Weg ins Leben führen sollen. Völlig klar, dass hier Lehren und Lernen eine Einheit bilden müssen. Wenn das schon in Bezug auf Gott gilt, wie vielmehr in menschlichen Lehr- und Lernverhältnissen.

Zwischen dem Menschen, der lernt, und dem Menschen, der lehrt, muss offenbar eine entsprechend hilfreiche Beziehung bestehen, und es muss dann etwas im lernenden Menschen geschehen, das nicht von außen erzwungen werden kann. Anstatt seine eigene Lehrkunst weiter auszufeilen und sich darin immer (selbst-)sicherer zu bewegen, gilt es vielmehr herauszufinden, wie Menschen lernen.

Ich lerne bis heute und gerne auf die unterschiedlichste Art und Weise, aber im Grunde nur dann, wenn ich mich angenommen weiß und Freiräume erhalte, eigene Erfahrungen zu machen und damit wieder in einen neuen Lernzyklus einzusteigen.

Ich stelle gerade wieder fest, dass Gott noch nie anders mit mir umgegangen ist.

Was lerne ich daraus?

Dr. Joachim Pomrehn

01.05.2019