Vom Grüßen...

Vom Grüßen...

„Grüß Dich, Hanna!!! Is‘ ja toll, dass wir gemeinsam einen Kurs belegen!…“ - „Ja genial, dass Du auch hier bist!“ - „Lass uns heute Mittag gemeinsam an einem Tisch sitzen….“

So und ähnlich kann man es hören, wenn an der AWM wieder ein neuer Kurs beginnt. Wer ein bisschen beobachtet, sieht dazu auch Händeschütteln, Umarmungen, hier und da sogar mit Küsschen, ein Sich-gegenseitig-auf-den-Rücken-Klopfen und ähnliches. Man kann raten, in welchen Ländern die Teilnehmer ein Stück gemeinsame Vergangenheit erlebt haben. Bei einem Begrüßen mit solch ganzer Aufmerksamkeit und Herz ist alles drum herum wie vergessen. 

Natürlich gibt es auch das kulturell übliche manchmal flüchtige Grüßen mit „Wie geht’s?“ oder hier in der Gegend ein „Grüß Gott“, das meist kurz erwidert wird - ein Zeichen der Höflichkeit. Auch das hat seinen Platz.

Grüßen hat offensichtlich tiefere Bedeutung. Paulus richtet in Kapitel 16 seines Römerbriefes vielen Mitarbeitern Grüße aus. Mit Namen. Mit individuellen kleinen Bemerkungen, die bewegen: „...ist mir wie eine Mutter geworden...“ oder “...hat sich ganz und gar für mich eingesetzt…“ Wie mag das die Zuhörer bewegt haben!

Zu Herzen gehendes Grüßen braucht ganze Aufmerksamkeit. Als der Knecht Gehasi (2. Könige 4) von seinem Herrn und Propheten Elisa geschickt wird, dem Besuch entgegenzugehen, tut er das und grüßt die Sunemiterin. Er fragt sie – nach der dort kulturell üblichen Art – wie es ihrem Mann und ihrer Familie geht, und sie grüßt mit „gut“ zurück. Doch irgendwie scheint er nicht ganz bei der Sache gewesen zu sein, denn es ist ihm völlig entgangen, dass die Frau in großer Trauer und Not war und sich überhaupt nur deshalb auf die Reise gemacht hatte. Elisa dagegen spürt etwas davon, dass es ihr nicht gut geht. Er ist offen für eine echte Begegnung. Er ist ganz Ohr – seinem Gott gegenüber und der Frau gegenüber.

Die Geschichte geht noch sehr spannend weiter, und etwas später wird Gehasi aufgetragen (wohl wegen der Wichtigkeit dieser Angelegenheit), bewusst NICHT zu grüßen und sich nicht aufzuhalten oder aufhalten zu lassen. Was aber sehr bemerkenswert ist: Dort ist das Wort für „grüßen“ das Wort, das sonst mit „segnen“ übersetzt wird.  Im Grüßen liegt Segen. Auch das finden wir im Neuen Testament in vielen Briefen, wenn persönliche Grüße und Segenswünsche/Friedensgrüße ineinander übergehen. Wer kirchengeschichtlich graben möchte, könnte sogar den Zusammenhang herstellen vom Segensgruß der irischen Mönche, die mit dem Evangelium nach Europa kamen, zum im Süddeutschen noch erhaltenen „Grüß Gott“.

Zusammengefasst: Grüßen hat tiefere Bedeutung. Ein Grüßen mit ganzer Aufmerksamkeit geht zu Herzen und: Im Grüßen liegt Segen.

Seien Sie herzlich gegrüßt und wenn Sie möchten, gehen Sie doch heute mal aufmerksam grüßend durch den Tag.

Regina Waschko
(D.Min., Columbia International University) Nicht nur als Krankenschwester begleitete Regina Waschko Menschen, sondern auch nach ihrer theologischen Ausbildung in einer Gemeinde. Danach war sie für mehr als ...
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01.06.2016