Kürzlich haben mein Mann und ich uns einen lang gehegten Traum erfüllt – eine Reise an die schottische Westküste. Atemberaubende Landschaften, sagenumwobene Burgen, uralte Steinkreise, traditionsträchtige Whiskydestillerien, stolze Schotten im Kilt … ein Land, das Geschichte atmet. Auch geistliche Geschichte.
Schon lange faszinieren mich die iroschottischen Missionsbewegungen und ihre Bedeutung für unsere eigene Geschichte. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet von diesen entlegenen Inseln das Evangelium (erneut) auf den europäischen Kontinent gebracht wurde? Eine Wiederbelebung, die dringend nötig war, denn das hiesige Christentum steckte im 6. Jahrhundert durch den Untergang des Römischen Reiches und die damit verbundenen Umwälzungen in einer existenziellen Krise. Aus unscheinbaren Inselklöstern kamen irisch-keltische Mönche und Nonnen, die eine ganz eigene Spiritualität, sorgsam abgeschriebene Bibeln und eine große Opferbereitschaft mitbrachten. Die um Jesu willen selbstgewählte Verbannung aus der Heimat, auch als „weißes Martyrium“ oder „peregrinatio pro Christo“ bezeichnet, führte sie von Irland zunächst ins heutige Schottland und England, aber auch bis in den Schwarzwald, ins Elsass und an den Bodensee. Überall gründeten sie Klöster, die schnell zu kulturellen Zentren und „Missionsstützpunkten“ wurden.

„Diesen Männern und Frauen verdanken wir viel, und so hat es mich sehr bewegt, an der schottischen Küste immer wieder auf ihre Spuren zu stoßen.“

Diesen Männern und Frauen verdanken wir viel, und so hat es mich sehr bewegt, an der schottischen Küste immer wieder auf ihre Spuren zu stoßen. Besonders einprägsam waren die kunstvoll verzierten keltischen Steinkreuze. Von hier aus zogen also Columcille, Columban, Gallus, Pirmin und wie sie alle hießen, ins Ungewisse – bereit, sich auf fremde Kulturen, neue Sprachen und auch erheblichen Widerstand einzulassen. Sie wurden zu Brückenbauern, Gründern, Reformern und Lehrern. Was sie selbst durch Missionare wie Patrick empfangen hatten, gaben sie nun weiter – sie belebten damit den Glauben der bereits christlich geprägten Menschen neu und verkündeten das Evangelium unter den neu eingewanderten germanischen Stämmen. Eine frühe Form der „Reverse Mission“?
„Von hier aus zogen also Columcille, Columban, Gallus, Pirmin und wie sie alle hießen, ins Ungewisse – bereit, sich auf fremde Kulturen, neue Sprachen und auch erheblichen Widerstand einzulassen.“


Kaum zurück in Deutschland, begegnet mir ein indonesischer Missionar, der genau das als Motivation für seinen Dienst in Frankfurt nennt: Eine große Dankbarkeit für die deutschen Missionare, die Ende des 19. Jahrhunderts nach Indonesien kamen, und der Wunsch, im zunehmend säkularisierten Deutschland den Glauben neu zu beleben. Wieder kommen von den „fernen Inseln“ leidenschaftliche Jesusnachfolger nach Mitteleuropa, wo wir eine geistliche Erneuerung dringend nötig haben.
Was für ein Vorrecht, als AWM an dieser globalen Geschichte Gottes mitzuwirken und Frauen und Männer zu Brückenbauern – von überall nach überall – auszubilden.

Melissa Sailer
Studienservice
Bildnachweis: privat